White Tiger – Teil 3

Oh, es ist schon wieder so viel passiert und ich komme einfach nicht nach mit dem Blogschreiben…

Mein letzter Eintrag war von den Epupa Falls im Norden von Namibia. Ich möchte daran anknüpfen um euch den witeren Verlauf unserer Reise zu schildern.

Nach den Tagen bei den zu Angola angrenzenden Epupa Falls fuhren wir durch das Buschland zurück nach Opuwo. Die gut erhaltene Piste führte uns durch eine von Termitenhügel und büschen geprägte Landschaft in diese dynamische Stadt im Norden Namibias. Die zwei Hauptkulturen, Himbas und Hereros, ziehen im Einklang durch die Strassen, erledigen Geschäfte oder den Einkauf. Überall stehen kleine Wellblechhäuschen am Strassenrand, bieten einen Haarschnitt oder Fleischeintopf mit Pap, einem aus Maismehl und Wasser bestehenden Brei, an. Wir erledigen die nötigen Einkäufe und fahren ostwärts zum Etosha Nationalpark. Die Fahrt da hin war nicht sehr abwechslungsreich; der Höhepunkt bildete wohl die Polizistin, die uns am Veterinärtor angehalten hat und fragte, ob wir eine gute Fahrt von den Epupa Falls hier her hatten. Anscheinend kennt man uns bereits…
In Namibia gibt es die sogenannte ‘Red Line’. Diese Linie markiert eine wichtige Grenze im Veterinärwesen, da es nördlich davon noch immer die Maul- und Klauenseuche gibt. Alle Tiere südlich dieser Linie sind für die kommerzielle Schlachtung und den Export freigegeben. Zudem, so sagt man, stelle diese Linie auch die Grenze zwischen erster und dritter Welt dar. Tatsächlich ist der Unterschied gerade in Namibia zwischen den Gebieten der San oder Bushmen und der Kolonialgebieten enorm zu spüren. Sieht man im südlichen Teil prunkvolle Häuser, die neuesten Pick-ups und richtige Städte so wandeln sich diese über der Red Line in kleine Hütten aus Stroh und Eselskarren.

Beim westlichen Galton Gate des Etoshas erkundigten wir uns über den Nationalpark und haben einen geeigneten Schlafplatz in der gegenüberliegenden Seitenstrasse gesucht. Als wir plötzlich auf einem Campingplatz standen, machten wir kehrt und fuhren zu einem Wasserloch, welches wir bei der Hinfahrt schon gesehen haben. Ich traute meinen Augen kaum, als sich vor uns eine Szene von Giraffen, Zebras, Impalas und Springböcke beim abendlichen Trunk abspielte. Die Sonne versank feuerrot und verlieh dem unglaublichen Schauspiel die perfekte Atmosphäre, wie man sie wohl nur aus Lion King kennt.

Frühmorgens sind wir aufgebrochen und haben uns vor dem noch verschlossenen Tor Frühstück zubereitet. Der westliche Teil des Etoshas war bislang nur den von offiziellen Tourguides geführten Gruppen zugänglich. Diese Bestimmung wurde jetzt aber geändert und uns somit ermöglicht, von West nach Ost durch den riesigen Park zu fahren. Gleich am ersten Wasserloch nach unserer Einfahrt hat Kathi in den Büschen ein Rudel Löwen entdeckt. Wir fuhren über kalkig-weisse Strassen durch Herden von Antilopen, bestaunten staubaufwühlende Büffelherden, sich mit Schlamm bespritzende Elefanten und Dornenbusch essende Giraffen, in der weiten Ebene grasende Springbokherden und die über uns fliegenden Adler. Der Campingplatz in Okakuejo war modern und hatte ein beleuchtetes Wasserloch. Nach dem Abendessen haben wir uns also mit einer Flasche Wein zum Wildlife TV schauen hingesetzt. Hyänen, eine sich vorsichtig nähernde Giraffenfamilie, selbst eine Nashornmutter mit ihren Kleinen kamen aus dem Busch um im Schutze der Nacht zu trinken.
Ich war gerade am Zähneputzen, als Kathi angerannt kam und sagte, dass es Löwen am Wasserloch hätte. Wir haben natürlich alles stehen und liegen gelassen und sind zum Wasserloch gerannt. Es war ein Spektakel; das junge Löwenmännchen war der Einzige am Wasser, die Weibchen haben den Schatten eines nahegelegenen Baums genossen. Links vom Loch stand ein Impala-Paar, das sich nicht wagte, sich zu bewegen. Einige hundert Meter entfernt war eine Gruppe Kudus, die ihren Durst wohl auch gerne gestillt hätten und dann kam noch eine grosse Herde Zebras von rechts eingelaufen. Die Szene könnte ohne weiteres aus einer David Attenborough – Dokumentation stammen. Alle Tiere wussten natürlich von einander und so entstand diese Situation vom mächtigen Löwen, umgeben von in sicherem Abstand stehender Beute.
Der Ostteil des Parks fanden wir verglichen mit dem Westteil nicht sehr spannend, eine hohe Zahl an Touristenautos versperrte die Sicht und hat zum Teil sogar Tiere verscheucht. Trotzdem war auch der östliche Teils einen Besuch wert.
Nach drei Tagen in dem Aushängeschild aller Safariparks waren wir dann allerdings auch froh, dass das Tiere-gucken vom Landschaft-gucken abgelöst wurde.

Nach einer Nacht beim ‘Big Baobab Tree’ mit Lagerfeuer und Ratespielen fuhren wir weiter nach Rundu. Die Stadt befindet sich ganz im Norden und markiert den Beginn des Caprivizipfel. Die Landschaft ist geprägt vom einzigartigen Kavango, welcher später in Botswana zum Okavango wird und dort in einem riesigen Delta im Boden versickert. Einmal mehr haben wir uns auf dem Weg zum Campingplatz einfach ein paar Meter neben der Strasse in die Büsche gestellt. Als wir für den Abwasch am nächsten Morgen wieder in den Camping fuhren, habe ich Bekanntschaft mit einem ausgewanderten Österreicher geschlossen, welcher angeboten hat, uns ein bisschen mit seinem Boot herumzufahren und uns das Tigerfischen zu zeigen. Es war nämlich gerade ein afrikaweit bekannter Fischerei-Wettbewerb mit über 60 Booten im Gange. Es hat riesigen Spass gemacht, mit der kleinen Aluschale, getrieben von satten 300PS, über das spiegelglatte Wasser des Kavango’s zu blochen!

Weiter durch den Caprivi Streifen haben wir einen Stopp bei den Pupa-Falls eingelegt, diese waren jedoch verglichen mit den Epupa-Falls absolut unspektakulär und hatten ein totales Gefälle von lediglich 3 Metern. Trotzdem nutzten wir die Gelegenheit um uns mit einem Bad in einem Seitenarm des Flusses zu erfrischen und Anna hat gleich noch einige Kleider gewaschen.
Die San im Caprivistreifen leben in kleinen Gemeinschaften, wie man sie aus dem Bilderbuch kennt. Die Häuser sind rund mit einem Durchmesser von drei bis vier Metern. Die Wände bestehen aus einem Holzgeflecht und eine Schicht getrockneten Lehms dient als Isolation. Ein struppiges kegelförmiges Dach aus Stroh bildet den Abschlusss und schützt gegen die vor allem im Sommer heftigen Regenschauern. Normalerweise stehen um die vier Häuschen zusammen zwischen dichtem Buschwerk und bilden so das Dorf einer einzigen Familie.

Einige wenig ereignisreiche Tage später sind wir über die Grenze nach Botswana gefahren. Wir haben uns entschieden, anstelle der Asphaltstrasse den Weg durch den Chobe Riverfront NP einzuschlagen. Direkt nach dem Grenzhäuschen biegt die sandige Piste ab und keine 10 Minuten im Land hat (na wer wohl?) unser Adlerauge Kathi eine Löwin entdeckt. Die Strasse führt an einem Hügel entlang, ein weites flaches Sumpfgebiet und den Chobe River überblickend und bietet sagenhafte Tierbeobachtungen. Der Chobe NP hat eine der grössten Dichte an freilebenden Elephanten. Es gibt so viele Tiere, dass es regelmässig Nahrungsknappheiten untereinander gibt. Wir hatten Glück, war die Regenzeit sehr trocken, denn dadurch versammelten sich die Tiere alle um den Chobe Fluss. Erzählungen zufolge, kann man Pech haben und im ganzen NP auf keinen einzigen Elephanten stossen. Pünktlich zum Sonnenuntergang sind wir dann in Kasane am anderen Ende des Parks eingetroffen. Wenn mich die Leute heute fragen, was mir denn am besten gefallen hätte, kommt der Chobe Riverfront NP an vorderster Stelle.
Ein bisschen ausserhalb der Stadt haben wir uns einquartiert und dort beim abendlichen Bier einige Locals und Expats kennengelernt. Johan, ein südafrikanischer Marketingbeauftragter verschiedener Lodges hat uns eingeladen, mit ihm nach Livingstone zu fahren. Er habe einen Tag voller Meetings und wir könnten ja in der Zwischenzeit die Victoriafälle in Zambia besuchen.
Trotz einigen Kopfschmerzen am nächsten Morgen sind wir also zusammen aufgebrochen. Über den Zambesi ging es durch das Vierländereck mit der Fähre nach Zambia. Die Fahrt dauert nicht lange, ist aber ein Knotenpunkt des Schwertransports im südlichen Afrika. Da Johans Kontakt auf der Zambischen Seite Verspätung hatte, sind wir schon einmal mit einem Fremden vorgefahren, welcher uns allerdings direkt zu den Fällen gebracht hat. Die Victoriafälle sind absolut atemberaubend – kann ich mir vorstellen. Viel davon hat man allerdings nicht gesehen, da dichter Sprühnebel die Sicht auf die herunterstürzenden röhrenden Wassermassen behinderte. An einigen Stellen prasselte der Nebel sogar in Form von Regen auf uns nieder und ich war froh, einen wasserdichten Rucksack dabeizuhaben. Wir haben Johan am ausgemachten Treffpunkt wieder getroffen und sind mit ihm nach einem Mahl in Livingstone wieder zurück nach Kasane gefahren. Er hat mit uns noch eine kleine Rundfahrt durch die Stadt gemacht und gezeigt, wo die Locals in einer warmen Quelle badeten. Ich muss jetzt schon schmunzeln; auf jeden Fall sind die hot springs nur eine schlammige Pfütze zwischen ein bisschen Gras. Wir wollten eigentlich nicht darin baden, sind also mit Hosen und Schuhen über die spärlich verteilten Holzbalken zu der Pfütze hin balanciert. Anna hat einen Fehltritt gemacht und sank mit einem kompletten Bein im Schlamm ein! Ach haben wir gelacht…

Am nächsten Tag sind wir dann weiter durch den eigentlichen Chobe NP richtung Savuti / Moremi gefahren. Der Park war nicht sehr spektakulär, immer mal wieder sahen wir Antilopen, Elephanten, Giraffen und Zebras. Die Strasse war eher schlecht und holprig. Nach einer Weile sahen wir ein Auto vor uns auf der Strasse stehen. Sein Landrover hatte ein Problem mit der Luftfederung. Da es keinen Weg drum herum gab und er sein Auto nicht wegfahren konnte, haben wir einfach zur Axt gegriffen und eine Schneise in die Büsche geschlagen. Zwischen uns und dem Pannenauto war noch eine holländische Familie, deren Mutter uns mit grossen ungläubigen Augen anschaute, als Kathi sich hinters Steuer setzte und den Tiger souverän am Hindernis vorbeilotste. Da wir nichts weiter für den Südafrikaner tun konnten, sind wir weiter gefahren und haben in Savuti Bescheid gesagt.
Die letzten Stunden im Park sollten ein Vorgeschmack werden, was mich in der Kalahri erwarten würde. Mit 30 über eine sandige, hügelige Piste, jeder kleinste Fahrfehler wird sofort mit einem Scheppern aus dem Laderaum bestraft. Schlussendlich sind wir völlig fertig zum Park rausgefahren, als wir gesehen haben, dass der Diesel im Laderaum ausgelaufen ist und sich alles damit vollgesogen hat. Wir sind zu einem kleinen Camping am Fluss gefahren und haben den Laderaum komplett ausgeräumt und mit Wasser gesäubert. Es war bereits dunkel, als wir die Fahrt wieder aufnehmen konnten. Nur wenige Minuten entfernt war ein kleiner Rastplatz bei einer Brücke, den wir aber ausgeschlagen hatten. Die Gefahr, von den Flusspferden überrascht zu werden, erschien uns zu gross. Also sind wir etwas weiter gefahren und haben neben einer unbefahrenen Strasse in den Büschen geparkt. Nach einem leckeren Kürbis-Eintopf wollten wir gerade Wasser für Tee aufsetzen, als wir die Löwen gehört haben. Löwen können einerseits ohrenbetäubend laut Brüllen oder aber ganz spezielle Geräusche von sich geben, die eher einem Winseln ähneln. Es gibt eine einzige Möglichkeit, die Attacke eines Löwen abzuwehren; ruhig stehen bleiben und dem Raubtier direkt und eindringlich in die Augen schauen. Macht man eine falsche Bewegung, richtet man sein Blick ab oder dreht dem Tier gar den Rücken zu, ist das ein fast sicheres Todesurteil – so wurde uns jedenfalls gesagt. Da es schon dunkel war, konnten wir die Löwen aber gar nicht sehen, doch wir wussten, dass sie uns umkreisten. Noch bevor wir das erste Geräusch vernommen haben, wurde es um uns gespenstisch ruhig. Das Zirpen der Grillen und der Gesang vereinzelter Vögel verstummte augenblicklich. Da wussten wir, dass seine Anwesenheit alleine den anderen Tieren so viel Respekt entlockte, dass der Titel ‘König der Tiere’ absolut gerechtfertigt ist. Mit einem etwas flauen Gefühl haben wir uns etwas später ins sichere Zelt zurückgezogen und das Zähneputzen für einmal ausgelassen. Am nächsten Morgen haben wir dann auch unweit unseres Nachtlagers drei Löwenspuren auf der Strasse entdeckt. Wir wollten einen Abstecher ins Moremi Game Reserve machen, welches im östlichen Einzuggebiets des Okavangodeltas liegt. Irgendwie konnten wir aber das Eingangstor nicht finden und nach etwa zwei Stunden auf einer stellenweise überfluteten Strasse. sind wir umgedreht und Richtung Maun gefahren. Maun ist sozusagen das Tor zum Delta und wir haben uns in einem Backpacker bei der alten Brücke einquartiert. Nach über drei Wochen unterwegs in unserem Tiger haben wir ein paar Tage Auszeit gebraucht. Mein Plan war ursprünglich, die Mädels in Maun abzuladen und dann auf eigene Faust weiter in den Süden zu fahren. Anna wollte zurück nach Livingstone in Zambia und von dort mit dem Zug zurück nach Malawi. Kathi ist auf direktem Weg nach Gaborone und von dort weiter nach Johannesburg um ihren Rückflug nach Österreich zu erwischen. Wie man so schön sagt, werden Pläne gemacht um sie wieder zu verwerfen. Ich habe schlussendlich 5 Nächte in Maun verbracht. Mit Anna und zwei Israelis haben wir einen wunderschönen Ausritt ins Delta gemacht, mit einem etwas verdattertem Guide, welchem wir um die Ohren galloppiert sind. Auch als ich alles gepackt hatte und weiterziehen wollte, haben mich die Mädels noch zu einem Rundflug über das Delta überredet. Wer einen Überblick über das riesige Gebiet haben möchte, kommt um einen Rundflug kaum herum. Der 50 minütige Flug in einer einmotorigen Cessna war sehr gut investiertes Geld und war auch ein gelungener Abschluss unserer Reise zusammen als Team.

Ich möchte nicht zu viel in diesen Eintrag packen, verspreche euch jedoch, den Rest der Reise im white Tiger baldmöglichst niederzuschreiben.

Momentan sitze ich seit etwa 14h in einem Bus, der mich nach Nampula im Norden Mozambiques bringt. Es fehlen noch sehr viele Stationen und ich weiss, dass ich in letzter Zeit nicht fleissig genug war mit dem Blogschreiben, aber es war einfach sooooo viel los 🙂