Realitycheck

Es ist wieder einmal Zeit, euch die Ereignisse der letzten Tage mitzuteilen.

Doch erst möchte ich noch die letzte Fahrt mit der Transsib, beziehungsweise der transmongolischen Eisenbahn hier niederschreiben.

Als wir in Ulan-Ude am späten Nachmittag angekommen sind, haben wir in ein gemütliches kleines Hostel eingecheckt. Die Hostels hier sind hauptsächlich private Wohnungen in deren Schlafzimmer ein paar Hochbetten gestellt wurden. Die Atmosphäre ist aber genau aus diesem Grund um einiges familiärer, als in den grossen Hostels.

Nach Bezug der Betten haben wir uns für einen kleinen Rundgang in der Hauptstadt der Buryaten entschieden. Die Menschen haben östlich des Baikalsees einen grossen Anteil des asiatischen Aussehens geerbt. Zudem, nach einigen schlechteren Begegnungen mit der lokalen Bevölkerung in Irkutsk, wurden wir von der Freundlichkeit der Leute auf der Strasse in Ulan Ude überrascht. Passanten haben uns angelächelt, ja sogar auf offener Strasse umarmt; die übliche Prüfung auf Diebstahl danach hat sich als unbegründet erwiesen…
Abendessen gab es in einem Grillrestaurant, wo wir die lokale Spezialität Schaschlik probiert haben. Schaschliks sind im Grunde nichts anderes als leckere Fleischspiesse. Nach dem Essen, wir wollten gerade aufbrechen, wurden wir an den Nachbarstisch von zwei rüstigen Damen und ihrer männlichen Begleitung zu Vodka und Snacks eingeladen. Die zwei Frauen haben ein Auge auf mich geworfen. Gemischt mit der Sprachbarriere sorgte das für eine lustige Stimmung am Tisch.

Am nächsten Morgen in der Früh ging unsere Reise mit dem Zug in Richtung der russisch-mongolischen Grenze weiter. Zum ersten Mal seit unserem Aufbruch hatten wir das Abteil nicht nur für uns alleine, ein holländischer Familienvater hat uns bis an die Grenze begleitet. Die Fahrt führte durch karge Steppenlandschaft, vorbei an kleinen völlig isolierten Dörfern. Es war ein warmer und sonniger Tag, die Überführung in die Mongolei erwies sich als absolut unproblematisch, doch der Aufenthalt von rund 7 Stunden machte uns etwas zu schaffen. Unser Wagon wurde vom Rest des Zuges abgehängt und so standen wir stundenlang alleine auf dem Gleis und wurden in der Sonne gebraten. Der Wagon verfügte über keinerlei Lüftung, geschweige denn eine Klimaanlage und ein Verlassen des „Zugs“ wurde nicht genehmigt. Wir wissen dafür nun, wie sich die Folterzelle in den Gulags anfühlen muss. Die Temperatur hat sich in den Abteilen bei etwa 45°C eingependelt, glücklicherweise haben wir im Voraus für eine genügend grosse Flüssigkeitsreserve gesorgt.
Nach der Grenze ging es durch malerische Landschaften in die sternenklare Nacht und am nächsten Morgen wurden wir von unserem Kontakt am Bahnhof in Ulaan Baator abgeholt. Er hat uns in seine überaus luxuriöse Wohnung gebracht, wo wir uns erst einmal aufs Ohr hauen mussten.
Dominic hat uns versichert, dass wir einige Tage bei ihm bleiben dürfen, was uns sehr entgegen kam.

UB besteht aus einem Kern mit protzigen Hochhäusern und einem Ring aus Jurten, welche sich an den Hügeln präsentieren. Uns wurde gesagt, dass wir diese Jurtenviertel um jeden Preis meiden sollten, da uns nicht nur Raub sondern auch körperliches Leid drohe. Anscheinend wurde erst kürzlich eine Touristin aufgehängt und völlig entblösst unter einer Brücke gefunden. Ob das nun Schauermärchen sind oder den Tatsachen entspricht möchten wir ungern selbst herausfinden.

Dominic hat uns ein Treffen mit einer Kanadierin vorgeschlagen, welche des Öfteren Pferdetreks durchführt und uns einige Fragen zu unserem Vorhaben beantworten könne.
Julie hat uns dann erklärt, dass wir ohne Guide ziemlich aufgeschmissen wären und uns eingeladen, an ihrem Charity Ride, welcher am nächsten Samstag startet, teilzunehmen. Die Gruppe besteht aus 7 Teilnehmern und die Route führt von Tsetserleg über die alte Hauptstadt Kharkhorin an der Grenze zur Wüste Gobi nach UB zurück. Etwas über 700km in 10 Tagen – nicht schlecht! Wir haben uns dafür entschieden, am Gobi Gallop teilzunehmen und die mütterliche Julie hat uns einen überaus grosszügigen Preis offeriert. Da wir jedoch noch weitere drei Wochen in der Mongolei bleiben, hat sie ebenfalls organisiert, dass wir nach dem Trek mit zwei Söhnen der Pferdebesitzerin für weitere zwei Wochen durch die nordöstliche Mongolei reiten werden.

Ich möchte an dieser Stelle Julie Veloo und der Veloo Foundation unseren herzlichsten Dank aussprechen und ermutige euch, vielleicht den ein oder anderen Batzen der Stiftung zu Gute kommen lassen:
http://www.veloofoundation.com/

Ihr findet übrigens eine Beschreibung des Gobi Gallops unter folgender Adresse:
http://www.horsetrekmongolia.com/gobi-gallop-charity-ride.html

Gestern sind wir zu der Pferdefarm gefahren, welche sich ungefähr eine Autostunde östlich von UB befindet und haben erste Erfahrungen mit den mongolischen Pferden gesammelt. Die Tiere sind zwar klein, aber unglaublich kraftvoll und auch schreckhaft. Auch der Reitstil ist anders als bei uns, so werden die Richtungsvorgaben hauptsächlich über die Zügel gemacht und einige der Pferde besitzen noch einen zusätzlichen Gang. Die Schrittlänge ist sehr kurz und vor allem im Trab muss man sich erst daran gewöhnen.
Heute waren wir zurück in UB auf dem Narantuul Market, dem grössten Markt Asiens und haben uns mit Reitstiefeln, Hüten und Weiterem eingedeckt. Morgen gibt es noch einmal einen letzten Ruhetag bevor wir am Freitag nochmals zur Pferdefarm fahren für die Hauptprobe. Am Samstag werden wir dann samt den Pferden nach Tsetserleg gefahren um Sonntagmorgens aufzubrechen.

Ich werde in den folgenden Wochen wohl sehr eingeschränkten Zugang zum World Wide Web haben, deswegen wird dies der letzte Eintrag für sicher zwei Wochen.

Aktuelle Fotos findet ihr wie gewohnt entweder auf Facebook oder über folgenden Link:
https://www.flickr.com/photos/126652876@N08/

Wir freuen uns sehr, dass sich uns diese Möglichkeit geboten hat, auch wenn wir schlussendlich nicht zu zweit durch die Mongolei reiten. Trotzdem wird das bestimmt eine super Erfahrung und wir hoffen, dass es unfallfrei von Statten geht.

Bis zum nächsten Mal

Von bösen Frauen und Felsen

Der Zug fuhr um 4.47 in der Früh in Irkutsk ein. Katharina und ich haben beide nicht viel geschlafen in der letzten Nacht, da der Schaffner die Heizung auf etwa 35°C hochgedreht hatte. Der Grund dafür haben wir bis heute nicht verstanden.

Unsere Planung sah vor, dass wir als Nächstes gleich zu der Orchol Insel im Baikalsee fahren würden. Die erste Hürde war jedoch, erst einmal zum Busbahnhof zu gelangen. Im Wartesaal des Bahnhofs sind wir auf ein ebenfalls etwas ahnungsloses englisches Paar gestossen. Wir haben uns dann zusammengetan und sind mit dem Tram zur Busstation gefahren. Der Bus sollte um 10.00 fahren und wir haben das auch telefonisch rückbestätigt. Der Fahrer, welcher schon um 8.30 Uhr erschienen ist, hat uns wegen jeder Kleinigkeit auf Russisch beschimpft und so ist der Ausdruck “Böse Maa” entstanden. Die Fahrt im Minibus war alles andere als entspannend; der Ausdruck ‘wie die Sardinen in der Büchse’ beschreibt die Platzverhältnisse wohl am treffendsten. Doch aufgrund des Schlafmangels war das nicht so schlimm und die Landschaft hat hat uns für Vieles entschädigt. Die holprige Strasse führte durch weitläufige Steppen mit grasenden Kühen und wilden Pferden. Erst jetzt kam so richtig Vorfreude auf die Mongolei auf. Nach gut 5 Stunden Fahrt kamen wir zum Fährhafen, wo wir auf die Insel Orchol übersetzten. Es dauerte nochmals etwa eine halbe Stunde bis wir in Kushir angekommen sind. Nikitas Homestay hiess unser Lager für die nächsten 3 Tage. Die Unterkunft bestand aus zahlreichen kleinen Hütten mit jeweils zwei Betten im Zimmer. Jimi und Bridie, das englische Paar, wurde direkt in unser Nachbarzimmer eingeteilt und wir haben gleich die umliegende Gegend zu Fuss erkundet. Der eher hohe Preis von 30.- pro Nacht beinhaltet auch drei Mahlzeiten, Hauptspeise war Fisch aus dem Baikalsee und Teigwaren mit roter Beete als Beilage (ja Mama, ich habe alles aufgegessen!).

Die Insel erstreckt sich etwa 80km in der Länge und etwa 10km in der Breite. Da sie nur mittels gebuchten Touren zu erkunden war, haben wir beschlossen uns auf die nähere Umgebung und die Stadt Kushir zu beschränken.

Der Baikalsee ist der grösste und tiefste See der Welt und liefert eines der saubersten Trinkwasser überhaupt. Bis vor wenigen Wochen war er noch zugefroren und im Winter gibt es sogar Strassen auf dem meterdicken Eis. Die lokalen Leute sind hauptsächlich Christen und Schamanen. Gleich neben unserem Hostel war der berühmte Schamanenfelsen, welchen man mit jeder Fotosuche über Google findet und auf 98% der Postkarten abgebildet ist. Katharina wollte ihn um jeden Preis auf ihren Fotos vermeiden, gab dann aber schlussendlich doch Klein bei.

Die Zimmer waren gemütlich eingerichtet und ein Holzofen sollte uns in der Nacht Wärme spenden. Da K. für das Feuer zuständig ist, hat sie sich gleich an die Arbeit gemacht und den Ofen angefeuert. Dumm nur, dass die Abzugsklappe noch zu war und sich dicker Rauch durch die Ritzen und Fugen in den Räumen ausgebreitet hat. Der Feueralarm konnten wir dann aber auch gleich wieder abstellen und die Klappe haben wir schlussendlich auch noch gefunden. Die böse Frau (eine neue Managerin) kam jedoch gleich zu uns runtergestürmt und hat sich erzürnt, dass ihre ganze Ladung frischer Wäsche nun nach Rauch stinke. Wir waren noch keine 2 Stunden vor Ort und sie hat uns diesen Fauxpas bis zu unserer Abreise nicht vergeben.

Am nächsten Tag haben wir uns gegen das Fischen, dafür für einen ausgiebigen Spaziergang entschieden. Um 5 Uhr Nachmittags wollten wir einen Bootsausflug zu den benachbarten Inseln machen um unter anderen die weltweit einzigartigen Süsswasserrobben zu bestaunen. Schwere schwarze Wolken zogen just um 16.30 auf und der Ausflug wurde wegen Sturmgefahr abgesagt. Die Regenzelle zog jedoch an der Insel vorbei und es war umso ärgerlicher, dass wir nicht rausfahren konnten.

Wir haben dafür gleich das Banyu, die russische Form der Sauna, gebucht und zwei Stunden später sassen wir in der über 80°C heissen, trockenen Hitze und haben unsere Seele entspannt.

Abends waren wir noch am Seeufer um den wunderschönen Sonnenuntergang zu bestaunen. Die Wolken schimmerten in einem pinken Licht, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe. Jimi hat dann auch noch seine Pfeife und eine kleine Flasche feinsten Scotchs ausgepackt und der misslungene Ausflug war schnell vergessen.

Wir konnten auch gleich noch unsere Wäsche waschen und haben einige Postkarten geschrieben. Leider war die Zeit auf der Insel für uns schon wieder vorbei und wir fuhren mit dem Minivan wieder zurück nach Irkutsk während Jimi und Bridie noch 5 Tage länger verweilen.

Falls irgendejmand irgendwann irgendwie in diese Gegend Sibiriens gelangen wird können wir euch den Ausflug zur Insel Orchol trotz der Strapazen wärmstens empfehlen!

Wir haben nach einer Nacht in Irkutsk nun wieder den Zug bestiegen, welcher uns entlang des Baikalsees in 7 Stunden nach Ulan-Ude bringen wird und freuen uns auf die nächsten Abenteuer, welche diese Reise mit sich bringen wird.

Leider funktioniert der Fotoupload momentan nicht, ich versuche mich aber bald darum zu kümmern.