Tavern of the Seas

Das muslimische Stadtviertel Bo Kaap mit seinen bunten Haeusern

Kapstadt. Die Schenke der Weltmeere. Mother City. Die Stadt hat viele Namen und alle davon strahlen einen gewissen Stolz aus. Kapstadt ist anders. Sie wurde schon in fruehen Jahren eine der wichtigsten Staedte fuer die Seefahrer. Auf der Route vom Atlantik zum Indischen Ozean war ein Stopp Pflicht um sich mit neuen Vorraeten einzudecken und einen geeigneten Zeitpunkt fuer die Kapumfahrung abzuwarten. Die Praegung der Einheimischen durch die Niederlaender ist noch deutlich zu sehen, aber ebenso hat der britische Lebensstil eine wichtige Rolle im Alltag eingenommen. Es wird Cricket geschaut und Fish & Chips gegessen. Die meisten Leute lernen in der Schule Englisch, Afrikaans und eine lokale Sprache, in Kapstadt ist das Xhosa. Verstaendigung ist also ueberhaupt kein Problem.

Camps Bay mit den 12 Aposteln

Camps Bay mit den 12 Aposteln

Nach meiner Ankunft Anfang Februar habe ich die ersten Tage mit Windsurfen bei erstklassigen Bedingungen an den Straenden der Kapregion genutzt. Das Schoene an dem Windsystem ist, dass es erst ab Mittag anfaengt zu arbeiten. Man hat also den ganzen Morgen “frei” und kann somit ohne schlechtes Gewissen auch die ein oder andere Nacht etwas laenger feiern. Natuerlich kann man die Morgenstunden auch fuer Aktivitaeten nutzen, von denen es ein breites Angebot gibt: Mountainbiken und Weintasting in Stellenbosch (die Reihenfolge ist zu beachten), ans Kap zu fahren, wellenreiten, ein paar Baelle von einer ‘ziemlich abgeranzten’ Driving Range zu schlagen, einkaufen oder die Stadt zu erkunden. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass wir die meisten dieser Morgen zur Entspannung und Genesung genutzt haben. Jeden Tag einige Stunden in der Welle zu surfen, spuert man im Koerper bewiesenermassen.

Windsurfen in Milnerton

Windsurfen in Milnerton

Witsands auf der Kaphalbinsel

Witsands auf der Kaphalbinsel

Am Kap der Guten Hoffnung

Am Kap der Guten Hoffnung

Mit einigen Langzeitaufenthaltern im Hostel habe ich viel unternommen. Beim letzten Vollmond beispielsweise, sind wir um halb 4 in der Frueh aufgestanden um auf den 1’087m hohen Tafelberg zu wandern und von da den Sonnenaufgang anzusehen. In voelliger Dunkelheit sind wir im Mondlicht durch die noerdliche Spalte in knapp fuenfviertel Stunden aufs Plateau gestiegen. Oben angekommen hatte gerade erst die Daemmerung eingesetzt, wir hatten also noch etwas Zeit bis zum Sonnenaufgang. Wir sind weiter bis zum hoechsten Punkt, dem Beacon of good hope oder Maclear’s Beacon, gewandert und haben uns da in voelliger Einsamkeit den Sonnenaufgang und die langsam erwachende Stadt am Fusse des Bergs angesehen. Nach einer kleinen Rast mit einem erholsamen Nickerchen sind wir wieder abgestiegen. Chris und ich haben vorgelegt und den stufigen Weg in unter einer halben Stunde bewaeltigt. Ich konnte eine Woche nicht mehr gehen danach…

Warten auf die Sonne mit dem Stadtzentrum im Hintergrund

Warten auf die Sonne mit dem Stadtzentrum im Hintergrund

Die Kaphalbinsel

Die Kaphalbinsel

Ein anderes Mal sind wir als Riesengruppe auf den Lion’s Head zum Sonnenuntergang gestiegen. Auch diese 1.5 stuendige Wanderung ist kein Sonntagsspaziergang aber auch keine Kilimandscharobesteigung, so wie einige Leute davon erzaehlen. Auf dem Gipfel des Lion’s Head hat man einen wunderschoenen Ausblick auf die Camps Bay und die Kaphalbinsel, sowie auf das vom Tafelberg geschuetzte Stadtzentrum. Spektakulaer kann man den Wolken zusehen, wie sie ueber den Tafelberg gleiten und sich nach einem kurzen Abstieg im Nichts aufloesen. Diese typischen Wolken ueber dem Berg kuendigen uebrigens auch den thermischen Wind Cape Doctor an.

Unsere Gruppe auf dem Lion's Head

Unsere Gruppe auf dem Lion’s Head

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Muizenberg in der False Bay ist auf jeden Fall auch ein Besuch wert. Die kleine verschlafene Stadt am Rande der Cape Mountains stroemt einen ganz eigenen Charme aus. Die Wellen gehoeren zu den langsamsten der Welt und sind bestens fuer Longboarder geeignet. Einen kleinen Nachteil hat der Spot allerdings: Haie. Die Falsebay ist riesig und befindet sich schon oestlich des Kaps. Ab da drueckt der warme Agulhasstrom warmes Wasser des Indischen Ozeans an die Kueste Suedafrikas. Im kalten arktischen Benguelastrom, welcher die Westkueste Afrikas hochzieht fuehlen sich die grossen Haie nicht sehr wohl und meiden es groesstenteils. Sowas habe ich mir jedenfalls die ganze Zeit eingeredet. Auf jeden Fall, um wieder auf Muizenberg zurueck zu kommen, sitzen da Haibeobachter in den Bergen, um im Falle einer Sichtung sofort Alarm zu schlagen. Trotzdem gibt es immer noch jedes Jahr mehrere Attacken auf Surfer. Auch habe ich erfahren, dass die Sharkspotter nur noch gleichgeschlechtliche Schichten fuehren duerfen, da bisher die Ablenkung durch das andere Geschlecht doch sehr gross werden konnte.

Etwas weiter der Kueste entlang fuhren wir nach Simons Town zu Boulder’s Beach wo sich eine von nur drei Pinguinkolonien auf dem Festland Suedafrikas befindet. Ein Steg fuehrt ueber den seit 1985 von Brillenpinguinen bevoelkerten Strand wo man den Tieren beim Jagen im Wasser, beim Faulenzen am Strand oder bei der Sicherstellung der zukuenftigen Generation zuschauen kann. Die Pinguine kommen vereinzelt an der ganzen suedlichen Kueste vor und ich habe sie auch schon beim Windsurfen an der Westkueste im Wasser schwimmen sehen.

Brillenpinguine am Boulder's Beach

Brillenpinguine am Boulder’s Beach

Auf der Kaphalbinsel kommen auch die Baboons vor. Diese Paviane zeigen ein aggressives Verhalten sobald sie moegliches Futter sehen und koennen angeblich auch Autotueren aufreissen. Sobald ein Baboon vom Menschen gefuettert wurde, kann er dieses Verhalten nicht mehr ablegen und muss getoetet werden. Ich habe allerdings die Affen als sehr friedlich erlebt. Meistens laufen sie ruhig durch die Gegend oder trinken weggeworfene Yoghurtdrinks aus dem Muelleimer. Ich habe auch Baboons beim Wandern in den Cederbergen getroffen, wo sie weit weg von menschlicher Zivilation leben und ebenfalls neugierig aber keinesfalls aufdringlich waren.

BABOONS!

BABOONS!

Wie ihr vielleicht auch von der schweizer Presse mitbekommen habt, haben Buschbraende in der ganzen Kapregion gewuetet und zahlreiche Menschen um ihr Heim gebracht. Die Loeschhelikopter flogen Tag und Nacht und wir konnten sogar beobachten, wie sie die Loeschsaecke im Teich eines Wohnheims aufgefuellt haben, damit sie nicht im weiter entfernteren Meer tanken muessen. Riesige Flaechen sind abgebrannt und hinterlassen eine Landschaft aus Asche und versengten Aesten.

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Wir haben auch noch einige Surftrips zu den Spots im Norden gemacht. In Paternoster hatte ich eine der schoensten Surftage mit Weltklassebedingungen. Schon bei der Einfahrt zum authentischen Fischerdorf erwarten einen die Fischer mit den frisch gefangenen Langusten, welche sie zu Verkaufszwecken durch das Fenster ins Auto halten. Die Welle laueft in einem Halbkreis durch die Bucht und das Wasser dazwischen ist seidenglatt. Der Wind wehte mit durchschnittlich 7 Windstaerken und die Welle brachte es auf gute 2m. Nach so einem Genusstag fuhren wir koerperlich total ausgemerzelt aber mit einem Laecheln auf den Lippen Abends zurueck nach Kapstadt.

Nach einem eher ungluecklichen Unfall, bei dem ich mir durch den Fall auf eine Mueslischuessel den linken Mittelfinger aufgeschlitzt habe und mit 5 Stichen genaeht werden musste, war ich erst einmal Weg vom Wasser. Ich habe diese Tage genutzt um meine weitere Reiseplanung voranzutreiben und habe Anna im Hostel kennengelernt. Ich habe ihr von den Plaenen erzaehlt mit einem Allrad-Jeep durch Namibia und Botswana zu fahren und konnte sie dafuer begeistern. Zusammen mit einer Freundin von ihr, welche am Dienstag runterfliegt, werden wir danach die Reise durch Namibia bis zu den Victoriafaellen zwischen Zambia und Zimbabwe in Angriff nehmen. Ich werde danach den letzten Abschnitt durch die Kalahariwueste bis Johannesburg entweder alleine oder mit einem neuen Gspaenli fahren. Ich bin dann, um die Geschichte wieder aufzunehmen, in die Cederbergen etwa 3 Autostunden im Norden gefahren um ein bisschen zu wandern. Am ersten Tag habe ich mir das Maltese Cross und den hoechsten Gipfel in den Cederbergen den Sneeuberg vorgenommen. Ohne eine Menschenseele getroffen zu haben, bin ich auf dem Weg durch die Geroellhalden zum von der Erosion geformten etwa 15m hohen Steinkreuz hochgestiegen. Weiter ging es durch einen Sumpf und steinige Bergflanken zum Gipfel des Sneeubergs auf 2027 M.u.M. Ich konnte musste etwa hundert Meter vor dem Gipfel umdrehen, da die Zeit bis zur Schliessung des Parks ansonsten zu knapp geworden waere. Auf die Minute genau stand ich um 18 Uhr vor der Parkverwaltung. Da ich alleine unterwegs war, bestanden Sie auf diese Massnahme der Sicherheit. Leider durfte ich deswegen auch nicht alleine im Nationalpark uebernachten. Somit musste ich das Programm fuer zwei Tagen in nur einem durchkriegen und bin am naechsten Morgen frueh aufgestanden und nach einer Staerkung zu den Wolfberg Cracks aufgestiegen.

Maltese Cross

Maltese Cross

Die riesigen Spalten in der Felsformation leuchten Rot in der Sonne und sie verjuengen sich so sehr, dass man schlussendlich nur noch einige Zentimeter Platz hat. Von da aus lief ich zu der etwa 3h Fussmarsch entfernten Wolfberg Arch. Dieser Steinbogen streckt sich etwa ueber 30m und ist gute 10m hoch. Schon von Weitem sieht man die imposante Bruecke aus der kahlen Gegend ragen. Die Cederberge sind das einzige Anbaugebiet des weltbekannten Rooibos-Strauchs, bestehen sonst aber haupstaechlich aus Steppenlandschaft und Fynbosgewaechsen. Erst von der Arch habe ich den richtigen Weg dann gefunden; ich bin ueber Stock und Stein, mit Kletterinlagen gepaart, durch die Wildnis gewandert, stets auf der Acht vor der gefaehrlichen Puffotter. Mit meinem Glueck was das Sichten von Wildtieren betrifft, habe ich natuerlich keine gesehen. Auf der anderen Seite mag das wahrscheinlich auch gut sein, koennen die Puffottern ueber einen Meter in alle moeglichen Richtungen springen und sich mit bis zu 7 m/s fortbewegen. Ein Biss muss umgehend behandelt werden und selbst dann muss in den meisten Faellen das betroffene Koerperteil amputiert werden. Ich habe jedoch viele Geckos, Springboecke, Adler und wie schon erwaehnt Baboons entdeckt. Nach einer 9-stuendigen Wanderung bin ich dann wieder zum Auto gekommen und habe mich auf den Heimweg gemacht. Die Strecke fuehrt erst 80km ueber unbefestigte Strassen und zwei Paesse und wurde durch den Staub in der Luft und die tiefstehende Sonne zu einem wuerdigen Abschluss dieser Kurzreise.

Wolfberg Arch

Wolfberg Arch

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DSC00450 Wolfberg Cracks

Nach einigen weiteren Tagen des Surfens wurde unsere Gruppe stets kleiner weil viele Leute wieder abgereist sind. Johannes und ich sind mit den zwei Maedels Anna und Hanna dann spontan nach Gaansbai gefahren und Hansi und ich haben uns zu einem Tauchgang im Kaefig entschlossen um den Grossen Weissen zu beobachten. Das Boot fuhr uns zu einem Platz etwa 5km vor der Kueste und hat da den Anker geworfen. Waehrend wir uns in die Neoprenanzuege gezwaengt haben hat einer Fischkoepfe zu Brei gestampft und mit Meerwasser gemischt. Diese oelige Substanz lockt die Haie an und als visuellen Koeder wurde ein Thunfischkopf an einem Tau befestigt. Das Fuettern der Haie ist streng verboten. Das sogenannte Chumming, also das Anlocken der Fische, ist in Wirklichkeit gar nicht so schaedlich wie behauptet. Die Haie leben nicht fest an diesem Ort, sondern sind staendig auf Achse. Somit werden sie nicht an das Anlocken gewoehnt und durch die ausbleibende Belohnung ziehen sie nach einigen Kreisen wieder weiter. Wenn Taucher im Kaefig sind, wird der Fischkopfkoeder ausgeworfen und kurz vor dem Biss richtung Korb gezogen. Durch diese Taktik kommt ein 3-4m langer Grosser Weisser Hai mit offenem Mund auf die Taucher zugeschwommen und wendet sich dann erst im letzten Moment ab. Die Action passiert also direkt vor den Augen der Zuschauer und hinterlaesst einen respekteinfloessenden Eindruck.

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Mit Anna und Hannah bin ich dann noch weiter auf der Garden Route ueber Mosselbai nach Plettenberg Bay gefahren, wo wir in einem Hostel mitten im Wald uebernachtet haben. Anna ist dann gleich dortgeblieben und ist momentan als Freiwillige am mithelfen. Hannah und ich sind am naechsten Morgen weiter nach Jeffreys Bay gefahren wo eine der weltbesten Wellen reinrollt. Leider war das Wasser an diesem Tag flach. Wir haben etwas eingekauft und gegessen und sind dann die 800km zurueck nach Kapstadt gefahren.

Cape d'Agulhas - Suedlichster Punkt des Festlands von Afrika

Cape d’Agulhas – Suedlichster Punkt des Festlands von Afrika

Ich bin in diesem Beitrag bisher bewusst nicht auf politische Themen eingegangen. Tatsache ist, dass Kapstadt groesstenteils sehr sicher ist. Ich hatte bis auf einige Zwischenfaelle nur positive Begegnungen mit der einheimischen Bevoelkerung, sei sie schwarz oder weiss. Sicher ist, die Schere zwischen Armut und Reichtum ist tagtaeglich sichtbar. Die Haeuser sind mit Elektrozaeunen gesichert, ueberall stehen bewaffnete Sicherheitsleute. Es ist keine Seltenheit, dass der neuste Sportwagen neben dem Obdachlosen mit seinem Einkaufswagen an der Ampel steht. Die Kriminalitaet ist auf jeden Fall auch sehr ausgepraegt aber ich muss zugeben, dass man davon bis auf die Einbrueche nicht sehr viel mitbekommt. Die Stimmen gehen auf beide Seiten, von ‘wir muessen gemeinsam stark werden’ zu ‘die Schwarzen nehmen den Weissen die Jobs weg und muessen weg’. Mehrheitlich sind die Kapstaedter jedoch sehr liberal eingestellt und stehen voll und ganz hinter dem Credo “ihres” Mandelas.

Mir hat diese vitale und dynamische Stadt jedenfalls bestens gefallen und ich hoffe, zu einem spaeteren Zeitpunkt wieder zu kommen. Ich bin momentan noch in der Reiseplanung fuer Namibia und arbeite zudem im Hostel mit um die Reisekasse etwas zu schonen. Ich werde mich nach unserer Safari durch Namibia wieder melden und euch mit den aktuellen Geschehnissen versorgen.

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Auf Wind warten…